Bürgermeister der Tagebauanrainerkommunen sowie der Kommunen mit Kraftwerksstandorten schließen sich zusammen
Alle 19 Bürgermeister der Tagebauanrainerkommunen sowie der Kommunen mit Kraftwerksstandorten schließen sich zusammen – Forderung nach mehr Mitspracherecht und für mehr Unterstützung im Kernbereich des Rheinischen Reviers
Der Ausstieg aus der Braunkohle ist durch die Vereinbarung der sog. Kohlekommission seit Ende Januar beschlossene Sache und wird innerhalb weniger Jahre einen tiefgreifenden Strukturwandel im gesamten Rheinischen Revier nach sich ziehen. Auf den Gesetzentwurf des Bundes zum Strukturwandel in den Kohlerevieren wird mit Hochspannung gewartet.
Derweil zeichnet sich im Rheinischen Revier die Regelung ab, dass die Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) durch das Land Nordrhein-Westfalen mit
der Verteilung der letztlich durch Bund und Land noch bereitzustellenden Fördermittel beauftragt werden wird.
Aldenhoven, Bergheim, Bedburg, Düren, Elsdorf, Erkelenz, Eschweiler, Frechen, Grevenbroich, Inden, Jüchen, Jülich, Kerpen, Langerwehe, Merzenich,
Mönchengladbach, Niederzier, Rommerskirchen und Titz bilden Anrainerkonferenz
Da sich die maßgeblich vom Kohleausstieg betroffenen Kommunen in den Gremien der ZRR bisher nicht ausreichend berücksichtigt und beteiligt fühlen, haben sich am
29. März auf Einladung der Bürgermeister Heuser (Niederzier), Bertram (Eschweiler), Krützen (Grevenbroich) und Larue (Düren) nunmehr 19 Bürgermeister des Kreises Düren, des Rhein-Kreises Neuss sowie des Rhein-Erft-Kreises getroffen und zu einer sogenannten Anrainerkonferenz zusammengeschlossen.
Nachdem sich die Bürgermeister zunächst die Überlegungen und Pläne der ZRR zur Bewältigung des Strukturwandels angehört haben, haben sie jetzt ein eigenes Positionspapier erarbeitet, indem sowohl Forderungen aber auch Angebote und Vorschläge zur konstruktiven Mitarbeit in der ZRR formuliert wurden.
Anrainer fordern mehr Mitsprache in ZRR sowie fünf Aufsichtsratssitze
Die bedeutendste Forderung der neu formierten Anrainerkonferenz ist aber die Einbeziehung der operativen Ebene vor Ort in der ZRR. Hier ist es für die Bürgermeister absolutes Muss, direkt in die Strukturen und Entscheidungen der ZRR einbezogen zu werden – sprich ausgestattet mit einer echten und gewichtigen Gesellschafterrolle sowie mit fünf Sitzen im Aufsichtsrat der ZRR.
Dabei muss die ZRR nicht befürchten, sich sodann mit 19 Einzelinteressen auseinander setzen zu müssen. Ziel der Bürgermeister der Anrainerkommunen ist es, regelmäßig vor den Aufsichtsratssitzungen der ZRR zu einer gemeinsamen Konferenz
zusammen zu kommen und eine einheitliche Vorgehensweise abzustimmen. Die Bürgermeister stellen klar, dass trotz unterschiedlicher Parteibücher hier kein Blatt zwischen sie passe – auch kein Parteibuch.
Fördermittel müssen im Kernrevier ankommen
Maßgebliche Forderung dieser Anrainerkonferenz ist es, dass die Fördermittel und Fördermaßnahmen das Ziel haben müssen, die konkreten Lasten des Strukturwandels insbesondere an Ort und Stelle zu kompensieren und auch dort neue Zukunftschancen zu eröffnen.
Denn 72 % der direkt beim Bergbautreibenden Beschäftigten leben in diesen 19 Städten und Gemeinden und genau hier droht ansonsten ein massiver Kaufkraftverlust. Auch der große Anteil der für RWE tätigen Zulieferer, Dienstleister und Handwerker sind in diesen Kommunen ansässig.
Inhaltlich sollen sich die im Raume stehenden Förderungen an objektiven Betroffenheitskriterien orientieren und darauf ausgerichtet werden, dass insbesondere in den Anrainerkommunen und Kraftwerksstandorten Ersatzarbeitsplätze geschaffen werden. Ein Kriterium ist dabei u.a. die Anzahl der unmittelbar betroffenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, ebenso wie wegfallende Gewerbesteuereinnahmen und Flächenverluste.
Die Bürgermeister weisen hier einhellig darauf hin, dass z.B. die bereits avisierten Forschungs- und Entwicklungsförderungen darauf zu prüfen sind, ob sie tatsächlich dazu beitragen, in den direkt betroffenen Bereichen des Rheinischen Reviers die durch den Kohleausstieg entstehenden Lasten zu kompensieren.
Planungsprozesse müssen beschleunigt werden
Eine weitere wesentliche Forderung der Bürgermeister ist zudem, dass Planungsprozesse und Genehmigungsverfahren des Landes und der Bezirksregierungen im Bereich der Regionalplanung sowie zur Entwicklung von Gewerbeflächen für die Anrainerkommunen verschlankt und beschleunigt werden müssen. Zudem sollten die Planungskriterien flexibilisiert werden. Die Bürgermeister sehen hier insbesondere das Kriterium des Siedlungsanschlusses als kritisch an, das neuen Gewerbeansiedlungen eher hinderlich entgegensteht.
Hinsichtlich der finanziellen Fragestellungen des Strukturwandels pocht die Anrainerkonferenz darauf, dass die Kommunen des Kernreviers neben Einzelförderungen durch allgemeine und strukturelle Zuwendungen, z.B. im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes, Unterstützung erhalten.
Gleichzeitig müssen in Anlehnung an den Staatsvertrag zwischen Bund und betroffenen Ländern die strukturellen und inhaltlichen Forderungen des Kernreviers im Rahmen eines verbindlichen Reviervertrages zwischen dem Land NRW, der ZRR und den Kommunen fixiert werden.
Bürgermeister machen Angebot zur konstruktiven Mitarbeit
Die Bürgermeister der Anrainerkommunen und Kraftwerksstandorte üben aber nicht nur Kritik, vielmehr wollen sie der ZRR und allen Beteiligten im Strukturwandel die Hand reichen, um gemeinsam Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger im Rheinischen Revier zu erzielen.
So wollen sie ihre Informationen und Daten bündeln und der ZRR zur Verfügung stellen. Sie wollen ihre eigene Verwaltungskompetenz einsetzen und die lokalen Akteure einbinden. Sie wollen in interkommunaler Zusammenarbeit Gewerbeflächen entwickeln und erschließen, um damit für die Entstehung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung vor Ort zu sorgen.